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  • Autorenbild: Nathalie Baumann
    Nathalie Baumann
  • 19. Feb.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Feb.

Diesen Blog starte ich mit Beiträgen über meine Geschichte. Und obschon sie eher kurz ist (ich bin ja noch jung), starte ich nicht ganz am Anfang, sondern in ca. 2/3 meines Lebens (kurz vor 20).


Warum bin ich Lehrerin geworden? Diese Frage wurde mir oft gestellt und die Geschichte ist gleichermassen langweilig, wie herzig. Entscheide selbst:


Nach dem Gymnasium fing ich an, an der ETH Mathematik zu studieren. Ja - Du hast richtig gelesen. Viele können meine Faszination für Zahlen, meine Passion für deren Struktur und Einfachheit, nicht nachvollziehen. Im Gymnasium war Mathematik - neben Musik - mein absolutes Lieblingsfach. Ich schloss mit Bestnote ab, sowohl in der mündlichen, als auch in der schriftlichen Matur. Dass ich Mathematik studieren gehen wollte, war für mich logisch; Musik langweilte mich zu dieser Zeit etwas und ich konnte mir eine Zukunft als Profi-Harfenistin nicht mehr vorstellen.


Meine Wahl fiel auf die ETH Zürich aus unterschiedlichen Gründen: Einerseits wollte ich weg von meinem bekannten Umfeld. Ich kannte alle von meinem Abschlussjahrgang, da wir nur drei Klassen waren, und die meisten gingen in Bern studieren. Daher entschied ich mich erstmal für ein Studium weit(er) weg. Andererseits bot die ETH ein Mathematik-Studium als Hauptfach an - ohne, dass ein Nebenfach gewählt werden musste. Dafür war das Studium mit Informatik und Physik gepaart.


Wer mich kennt, weiss, dass es nicht lange dauerte, bis ich die ETH verliess: In Zürich fühlte ich mich unwohl, da ich niemanden kannte. Das Studium war weit weg von der Mathematik entfernt, die ich bis anhin kannte und Informatik und Physik noch als Sahnehäubchen oben drauf? Puh, das war echt ein Ding. Von Informatik kannte ich bis dahin das Zehnfingersystem, alle Windows-Programme und das wars auch schon. Wer jetzt hier auflacht - ja, ich war ein wenig naiv.


Im Winter, nach nicht einmal einem ganzen Semester, entschied ich mich dann, zu exmatrikulieren. Mein Weg führte zu einer, die mir bei der Berufswahl helfen sollte, über diverse Studiengänge und -orte, die ich besichtigte. Doch nichts davon fühlte sich richtig an.

Kurz darauf wurde ich von meiner alten Schule angefragt, ob ich Interesse an einer Vertretung in deren Sekretariat hätte. Ich hatte im Sommer bereits einmal ausgeholfen und da ich wieder nach Bern zurückkehrte, nahm ich die Stelle gerne an.


In diesem Schulsekretariat war ich zuständig für Raumreservationen, die Organisation diverser Agenden, ich habe die Kasse betreut und nahm Telefonate entgegen. Dazu kam der übliche Papierkram wie Briefe versenden. Die Arbeit ging knappe zwei Monate.

Meine Gedanken waren oft bei einem möglichen Studium, das ich im Herbst anfangen würde, und ich wusste, ich müsste mich bis Ende April einschreiben.


Eines Tages brachte die Schulleiterin sehr wütend - und doch beherrscht - einen Jungen ins Sekretariat. Während sie seine Mutter anrief, musste er bei uns warten. Er weinte bitterlich.

Wir erfuhren bald seine Geschichte: Offenbar hatte er an einer Bushaltestelle ein Tag gesprayt und wurde dabei erwischt. Während der Junge in der Ecke sass, ein weinendes Häufchen Elend und auf seine Mutter wartete, bot ich ihm ein Taschentuch an. Mehr konnte ich nicht tun; ich kannte den Jungen nicht, hatte keine Ahnung von seinem Leben.

Seine Mutter kam rasch. Statt mit ihm zu schimpfen, hörte sie sich seine Geschichte an, tröstete ihn und nahm in schliesslich nach Hause.


Ich beneidete sie. Wie gerne wäre auch ich Teil seines Lebens, wüsste, was er bräuchte, wieso er gesprayt hatte und wie wir ihm helfen könnten. Ihn zu kennen, seine Mutter zu kennen, mit ihnen eine Lösung zu finden - das hätte ich gerne gemacht.

Noch am selben Tag schrieb ich mich an der PHBern ein für ein Studium zur Primarlehrerin.


Wenn ich heute an diesen Tag zurückdenke, erscheint er mir schicksalhaft. Ich überlege, wieso es uns Lehrpersonen so schwer gemacht wird, mit den Kindern zusammen zu arbeiten, sie in die Gesellschaft zu führen, gemeinsam mit den Eltern. Es macht mich traurig, dass ich diesen Teil nicht mehr mache(n kann). DAS hat mich zu der Lehrerin gemacht, die ich jahrelang war (und teilweise noch bin). DAS lieben die Kinder an mir: Dass ich sie sehe, sie in ihrer Ganzheit wahrnehme, ihre Marotten mag und schätze, dass es sie gibt.


Willst Du wissen, wie es weitergeht? Warum ich heute nicht mehr Lehrerin sein will? Dann lies im nächsten Beitrag darüber.


 
 
 

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